Samstag, 19. April 2014

Kulturelle Amnesie

Für seine These vom zunehmenden kulturellen Vergessen gibt der Erziehungsberater Stephen Bertman vier wesentliche Gründe an:
  • Hinter unserem geschichtlichen Rücken staut sich immer mehr Vergangenheit. Sich der Geschichte zu erinnern, wenn sie ständig an Länge gewinnt, wird irgendwann unmöglich. Die betonte Hier-und-Jetzt-Haltung wird fast ausschließlich durch Medien übermittelt, die ihrem Wesen nach den Alltagsneuigkeiten verpflichtet sind.
  • Unser Glaube an den technischen Fortschritt verführt uns zu der Annahme, alles Neue sei prinzipiell besser als das Vorhergehende. Vergangenheit soll so überwunden werden. Da sich die Dinge immer schneller ändern, wäre es naheliegend, sich immer weniger zu merken - Wissen veraltet einfach zu schnell. Leider verlieren wir dabei auch die Perspektive, was erhaltenswert ist und was besser dem Vergessen überlassen wird.
  • Der Hedonismus nagelt uns gnadenlos im Augenblick fest: Kaufe hier, konsumiere jetzt, mache spontan Schulden. Auf diese Weise lassen wir zu, dass unsere Identität immer stärker vom Status als Konsument bestimmt wird. In einer Wegwerfgesellschaft ist Bewahren wirtschaftsfeindlich.
  • Eine vor Jahren von der britischen Marktforschungsgesellschaft MORI durchgeführte Umfrage ergab, dass 43 % der Briten nicht mehr wissen, was zu Ostern gefeiert wird. Das Herzstück einer jeden Zivilisation ist jedoch die Erinnerung an ihr Entstehen. (...)
Stephen Bertman "Cultural Amnesia" 2000

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