Freitag, 18. April 2014

Gute Mächte

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Dietrich Bonhoeffer

Es ist ein Gebet, geschrieben in einer ausweglosen Situation. Der Theologe Dietrich Bonhoeffer schickt es seiner Verlobten zur Jahreswende 1944/45 aus der Haft.
Der Wehrkraftzersetzung beschuldigt, hat ihn die Gestapo festgenommen - wenig später wird er gehängt werden. Der sehr persönliche Text lässt sich kaum von der Situation des Verfassers trennen: er spiegelt die Gefühlslage des Gefangenen ergreifend wider: eine Situation zwischen Hoffen und Bangen, dem Tod, der jeden Tag droht aber auch der Hoffnung, doch noch frei zu kommen. Alle Umstände lassen Bonhoeffer nicht verzweifeln.


Je stiller es um ihn wird, desto mehr weiss er sich getragen von den Menschen, die an ihn denken, die für ihn beten; er schöpft aus dem Schatz der Erinnerungen. All dies hilft ihm, die Situation zu ertragen, die Gefängnismauern in Gedanken zu überwinden, die Einsamkeit vergessen zu machen. Bonhoeffer schöpft Kraft aus seinem Glauben, er sucht Halt und Trost im Gebet. Was ihn nicht verzweifeln lässt, ist sein Vertrauen auf "die guten Mächte", die ihm Geborgenheit schenken. Er nennt sie nicht beim Namen, doch es sind seine Engel: Sie geben ihm das Gefühl nicht allein zu stehen - auch nicht in tiefster Nacht und Verzweiflung. Mit jeder Zeile betet Bonhoeffer: welchen Weg er auch gehen muss und was Gott auch für ihn vorsieht, er wird es annehmen. Er vertraut sein Leben Gott an, den er als guten, gnädigen Gott kennt, von dem er sein Leben und seine Lebenszeit empfangen hat. "Von guten Mächten" hat eine beispiellose Verbreitung gefunden. Es sind wohl mehr als 50 Melodien dazu geschrieben worden. Das Lied hat viele Menschen in Krisensituationen getragen und bewegt, der Kehrvers findet sich auf vielen Kalendern, Lesezeichen und Briefkarten. Die Verheißung von Gottes Beistand in allen Situationen des Lebens und ganz besonders in dunklen und schweren Zeiten ist selten schöner und beeindruckender formuliert worden. Auf Seiten des Betenden ist es kein "Ahnen", kein "Vermuten" und kein "Glauben", sondern ein unerschütterliches "Wissen", dass Gottes Licht in der Nacht scheint und jeder Tag unter seinem Schutz und Beistand steht.

Ute Nürnberg
http://www.trauernetz.de/musik/kirche/7941.html 

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