Sizilien, Marzamemi, 2019
Wortwürdigungen
"Am Anfang war das Wort - aber es ist noch kein Ende abzusehen" sagt Wolfgang Eschker. Dieser Blog würdigt das Wort - vergessene Wörter, bedrohte Wörter, beseelte Wörter. Die Würdigung der Wörter umfasst auch Gedichte, Geschichten und hier und da einen Buchtipp. Der Blog wird in einer Lebensumbruchphase geschrieben und ist deshalb vor allem eines: persönlich!
Mittwoch, 1. Juni 2022
Dienstag, 31. Mai 2022
Montag, 30. Mai 2022
Beste Version
Seit das uralte Streben danach, ein besserer Mensch zu werden, sich nicht mehr auf kaum messbare Werte wie Moral und Güte bezieht, sondern in erster Linie auf Leistungen, die sich bis auf hintere Dezimalstellen beziffern lassen, ist das schlechte Gewissen kein notwendiges Übel mehr, um die eigene Verwahrlosung in Grenzen zu halten, sondern eine Art moralischer Tinnitus, der permanent in nervtötenden Tonlagen daran erinnert, mehr und intensiver an sich zu arbeiten oder sich zu kümmern.
Produktiver sein, gesünder essen, weniger wiegen, ausdauernder trainieren, intensiver meditieren, eine bessere Freundin sein, mehr erleben - es gibt so viel zu tun, dass man nie damit fertig werden kann.
Darum halten wir uns heute erneut an Mark Twain, der bereits wusste:
"Verschiebe nichts auf morgen, was auch bis übermorgen Zeit hat..."
Sonntag, 29. Mai 2022
Sozusagen grundlos vergnügt
Und dass es regnet, hagelt, friert und schneit.
Ich freu mich auch zur grünen Jahreszeit,
Wenn Heckenrosen und Holunder blühen.
Dass Amseln flöten und dass Immen summen,
Dass Mücken stechen und dass Brummer brummen.
Dass rote Luftballons ins Blaue steigen.
Dass Spatzen schwatzen. Und dass Fische schweigen.
Ich freu mich, dass der Mond am Himmel steht
Und dass die Sonne täglich neu aufgeht.
Dass Herbst dem Sommer folgt und Lenz dem Winter,
Gefällt mir wohl. Da steckt ein Sinn dahinter,
Wenn auch die Neunmalklugen ihn nicht sehn.
Man kann nicht alles mit dem Kopf verstehen!
Ich freue mich. Das ist des Lebens Sinn.
Ich freue mich vor allem, dass ich bin.
In mir ist alles aufgeräumt und heiter:
Die Diele blitzt. Das Feuer ist geschürt.
An solchem Tag erklettert man die Leiter,
Die von der Erde in den Himmel führt.
Da kann der Mensch, wie es ihm vorgeschrieben,
- Weil er sich selber liebt - den Nächsten lieben.
Ich freue mich, dass ich mich an das Schöne
Und an das Wunder niemals ganz gewöhne.
Dass alles so erstaunlich bleibt, und neu!
Ich freue mich, dass ich ... Dass ich mich freu.
Mascha Kaléko
Samstag, 28. Mai 2022
Nichtstun
Oscar Wilde
Freitag, 27. Mai 2022
Nur ein Stündchen ...
Donnerstag, 26. Mai 2022
Gefühltes Alter
Man fühlt sich immer jünger, als man ist. In mir trage ich meine früheren Gesichter, wie ein Baum seine Jahresringe hat. Die Summe daraus ist das, was "ich" ist. Der Spiegel sieht nur mein letztes Gesicht, ich spüre alle meine früheren.
Besser als Tomas Tranströmer, ein schwedischer Lyriker, der 2011 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde, hat mir noch keiner erklärt, warum in mir eine etwa 10 Jahre umfassende Diskrepanz zwischen gefühltem und tatsächlichem Alter klafft :-)
https://de.wikipedia.org/wiki/Tomas_Transtr%C3%B6mer
Und ich poste diesen Beitrag jetzt ein zweites Mal - weil er so wahr und so klug formuliert ist.