Mittwoch, 11. Mai 2022

Soziale Ruhe

Man könnte denken, dass wir, da wir ja nun bereits seit mehr als 2 Jahren in verordneter sozialer Ruhe leben, mehr als genug haben von Kontaktvermeidung und Social Distancing.

Soziale Ruhe nach Dr. Saundra Dalton-Smith bedeutet aber etwas anderes :
Wir sollen durchaus Leute treffen und sprechen - aber nur solche, bei denen wir sein dürfen, wie wir sind. Also Menschen, bei denen wir uns nicht anstrengen müssen, eine bestimmte Rolle zu erfüllen.

Ich bin erstaunt, auf wie wenige Menschen in meinem Leben das zutrifft. Eigentlich nur engste Familie, etwa drei Freundinnen, aber neuerdings auch Unbekannte, mit denen ich - für mich selber überraschend - zutiefst tröstende Gespräche über alte, zunehmend hilflose und sterbende Eltern führe.

Im Job fast niemand.
Ob das auch der Grund dafür ist, dass mir das Home-Office so sehr gefällt ?
Ich staune jedenfalls, wie sehr der Hashtag #goodvibesonly in meinem Arbeitsumfeld alles dominiert. Alles ist super, alles ist wunderbar - und das auch noch immerzu und jederzeit !

Immer schön positiv - deshalb fragen wir ja auch nur noch "Alles gut bei dir ?"
Als sei gar nichts anderes möglich als : Gut - alles ist immer nur gut ...

Wenn da jemand ist, der gerade einen echten Klumpen auf dem Herzen trägt, ist das sehr verletzend. Weil man nämlich als Person ausgeblendet wird, weil man nur Objekt ist und weil es immer nur darum geht, zu funktionieren. Ich habe aber in meiner Situation durchaus ein Recht auf negative vibes, auf #blessed und auf ein urschreiartiges AAAAAAHHHHHH ... 

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