Samstag, 8. November 2014

Gut gemacht !

Wir sehnen uns wohl alle nach Wertschätzung und Anerkennung und doch ist gerade Wertschätzung Mangelware in einer Arbeitswelt und Leistungsgesellschaft, die unseren unermüdlichen Einsatz für selbstverständlich hält oder als bereits mit dem Gehalt abgegolten.

Selbst wenn wir Anerkennung von außen bekommen, wird sie uns oftmals nicht genügen. Anerkennung von anderen ist wie eine Droge: man braucht eine immer höhere Dosis und erreicht nie den Punkt an dem es gut ist. Außerdem macht sie uns zum Sklaven der Erwartungen und Anforderungen anderer.

Wir können aber auch lernen uns die gewünschte Anerkennung selbst zu geben, die Fähigkeit entwickeln, in uns selbst zu empfinden, dass wir dies oder jenes wirklich gut gemacht haben. Eigenlob stinkt nicht und falsche Bescheidenheit ist kontraproduktiv, egal was uns von unseren Eltern beigebracht wurde. Es gibt so viele Situationen, in denen wir unsere innere Stimme hochtunen sollten: die Wohnung gesaugt, das Bad geputzt - endlich fertig ? Nein: Gut gemacht ! Die Steuererklärung, das Reklamationsgespräch mit dem schwierigen Kunden, die kaugummizähe Projektaufgabe termingerecht abgeschlosssen ? Super hingekriegt ! Sich selber feiern ! Alles richtig gemacht !

Wenn wir ein ungünstiges Grundgefühl wie "Ich bin nicht willkommen", "Ich genüge nicht, ich bin nicht gut genug" oder "Ich bin zu kurz gekommen" in uns tragen, kann die Erlaubnis sich selbst zu loben eine solche Kraft, einen solchen Zauber entfalten - stark genug, um die Schatten der Kindheitsprägung hinter sich zu lassen. Wer sich selber lobt, kann sich demnach geradezu befreien. Und was wäre ein schöneres Eigenlob, als zu sagen: "Ich genüge immer" oder "Ich bin gut genug" ?

Wenn wir den Mut haben, uns für alle scheinbar kleinen Verhaltensweisen zu loben, die doch bereits großen Mut erfordern, wächst uns vielleicht auch noch ein ganz anderer Mut: eine zupackende Lebenslust, der sich nichts mehr in den Weg stellen mag und die ohne Rückbestätigung von außen auskommt.

Heinz-Peter Röhr: "Die Kunst sich wertzuschätzen" Patmos Verlag

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